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Wir über Meisterschaften
Nachfolgend wollen wir dem interessierten
Leser einmal detailliert, schildern wie diese "komischen"
Wettbewerbe eigentlich funktionieren, was dabei passiert und was
der Wettkampfteilnehmer tun muss, um auf dem Treppchen zu landen
(natürlich außer besser zu sein als der Rest)...
Doch welche
Wettbewerbe gibt es eigentlich?
Steno - gibt es das noch?
Solche Fragen gewohnt seiend, können alle aktiven Wettschreiber nur
souverän mit "Ja, und es gibt sogar Meisterschaften" kontern. Und
zwar, wie sich das für eine lebende Organisation gehört, auf
allen Ebenen, von Vereins- über Bezirks-, Hessen-, Deutsche bis zu
Weltmeisterschaften - ganz zu schweigen von bi- und multilateralen Gedenk-,
Freundschafts-, Schau- und sonstigen Schreiben, die beweisen, dass Steno
nicht nur von Sekretärinnen genutzt wird. Der Anteil der wettschreibenden
Sekretärinnen und -täre ist übrigens relativ gering. Vielmehr
sind es neben einigen Händen voll Parlamentsstenografen, die die Kurzschrift
wirklich tagtäglich im Beruf brauchen (ja, auch diese gibt es noch
und sie sind von der politischen Bühne nicht wegzudenken oder durch
auch noch so moderne Technik wie Spracherkennung zu ersetzen), vor allem
diejenigen, die die Kurzschrift in ihrem Lebensalltag als Mittel zum Notieren,
Konzipieren und vielen andern -ieren nicht missen wollen, sei es im Studium,
im Beruf oder für die Einkaufsliste im Supermarkt.Wie aber funktioniert nun eine solche Steno-Meisterschaft? - Nun, im
Prinzip dem guten alten olympischen Gedanken folgend: schneller, höher,
weiter. Und damit meinen wir nicht die Disziplinen Bleistiftspitzen, Kürzelsprung
und Füllerweitwurf. Im Wesentlichen geht es vielmehr um Textansage,
Mitstenografieren und Übertragen in normale, sogenannte Langschrift.
Wie es sich für eine Wettkampfform mit langer Tradition gehört,
ist dabei der Klassenkampf noch erhalten geblieben: es gibt Ansagen in
verschiedenen Geschwindigkeiten, nämlich die Grundklasse (60 bis 150
Silben pro Minute), zwei Praktikerklassen (einmal von 100 bis 235 und zum
anderen von 160 bis 340 Silben pro Minute) und die Meisterklasse (250 bis
475 Silben pro Minute). Zum Vergleich: ein Nachrichtensprecher hat so ungefähr
250 bis 350 Sachen drauf. 475 Silben (früher gab es auch Diktate bis
520 Silben/Minute) sind in der Regel einfacher sauber zu schreiben als
sauber zu diktieren; dies ist zumindest an der Anzahl derer, die diese
Geschwindigkeit als Stenografen meistern im Vergleich zur schwierigen Suche
nach Diktanten, die diese Geschwindigkeit sauber diktieren können,
abzulesen. Dazu benötigt Letzterer vorher sinnvollerweise den Ansagetext,
um sich damit vertraut zu machen und schon einmal die wenigen Atempausen
einzuplanen. Nachdem sich nun der Diktant und alle Wettschreiber in der geeignet
und bewältigbar erscheinenden Klasse eingefunden haben (in der Regel
zu unchristlich früher Stunde), ist Ansagen angesagt, sprich: der
Sprecher spricht und der Rest schweigt (und schreibt) - und zwar jeweils
immer schneller (bis auf das Schweigen). Je nach gewählter Klasse
wird die Ansage von Minute zu Minute immer schneller und damit immer schwieriger
sauber mitzustenografieren. Nach zehn Minuten ist aber auf jeden Fall Schluss
(wie es der Zufall so will und wie es sein sollte, wenn der Ansager die
Geschwindigkeit genau eingehalten hat, ist dann auch sein Text zu Ende).
Ach ja, wer die zehn Minuten nicht bis zum Ende mitschreiben kann, darf
auch vorher schon aufhören; er sollte dabei allerdings nicht den Stift
wegwerfen und laut ?ich habe fertig? rufen, die anderen Schreiber könnten
sich dadurch doch etwas gestört fühlen. Nach dem Diktat gibt es üblicherweise verstörte und leidende
Gesichter sowie wütende Fragen, wo sich der Mensch, der diesen unangemessen
schwierigen Text verbrochen hat, versteckt hält. Die Mehrheit der
Schreiber beginnt dann aber doch damit, aus dem 1 bis 30 Seiten hieroglyphischen
Allerleis innerhalb eines Zeitlimits wieder normale Schrift werden zu lassen.
(Hier gibt es extreme Unterschiede zwischen Klein- und Großschreibern,
und es hält sich hartnäckig die Erklärung, dass die Schreiber
aus der damaligen DDR darauf getrimmt waren, sehr klein zu schreiben, um
Papier zu sparen). Wenn auch selten die vollen zehn Minuten übertragen
werden: mindestens drei Minuten sollten es schon sein, die benötigt
werden, um überhaupt zu bestehen. Wer dies nicht schafft, für
den war entweder der Text zu schwierig und/oder er sollte beim nächsten
Mal vielleicht in einer niedrigeren Klasse antreten. Und dann war da noch die Sache mit den Fehlern. Nachdem es nun sehr
ungewöhnlich wäre, einen solch? langen Text (je nach Handschrift
sind das gut und gerne zehn DIN-A4-Seiten) völlig ohne Fehler zu übertragen,
ersannen die intelligenten Stenografen den Tatbestand der Fehlerpunkte.
Selbige kommen in Deutschland als Unregelmäßigkeiten daher,
die in ihrer schwächeren Form als nicht sinnstörend definiert
(z. B. Weglassen eines Buchstabens, fehlerhafte GROß/kleinschreibung
etc.) und mit einem Fehlerpunkt geahndet werden. Sinnstörende Fehler
werden dagegen (durchaus sinnmachend) mit vier Fehlerpunkten bestraft.
Das kann eine Lücke im Stenogramm, ein falsches, da nicht wiederlesbares
Wort oder auch einmal ein falsch gesetztes Komma sein. Innerhalb der verschiedenen
Minuten darf man nun unterschiedlich viele Fehlerpunkte machen, überschreitet
man das jeweilige Limit, werden gnadenlos die mühevoll übertragenen
Minuten wieder zusammengestrichen. Bleiben dabei weniger als drei übrig,
ist die Arbeit leider auch nicht als bestanden zu werten - es soll ja darum
gehen, den als Sieger zu küren, der die höchste Geschwindigkeit
mit der möglichst originalgetreuen Wiedergabe des diktierten Textes
abliefert, und nicht denjenigen, der mit viel Phantasie aus seinen nicht
wieder zu entziffernden Stenogrammfragmenten einen (zugegebenermaßen
manchmal sinvolleren) Text zaubert. Und dann war da noch ... die Fremdsprachenstenografie. Wem es nicht
reicht, sich in seiner deutschen Muttersprache zu messen, der darf das
im Rahmen der Deutschen Meisterschaften gern auch in Englisch oder im Rahmen
der Hessen Open oder der Weltmeisterschaft in 16 oder mehr weiteren Sprachen
versuchen. Die Wettbewerbe laufen dabei genau wie bei den Ansagen in deutscher
Sprache ab. Laut Aussagen führender Fremdsprachkurzschriftler ist
Stenografie übrigens ein gutes Mittel zum Lernen und zum weiteren
Ausbau einer Fremdsprache, was einige Schreiberlinge dann auch nicht davon
abhält und in die Lage versetzt, bei Weltmeisterschaften in bis zu
10 Sprachen anzutreten und sich den Titel des Mehrsprachenweltmeisters
zu sichern.
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Maschinenschreiben
/ Tastaturschreiben
Noch ein letztes Mal die Sitzposition überprüft und die Finger
gedehnt, ein letzter Blick auf das Maskottchen - Nervosität
in Erwartung des Startsignals beim Maschinenschreib- oder Tastschreibwettbewerb,
wie es (in konstant wachsender Ermangelung der Schreibmaschinen und ihres
Ersatzes durch Computer) heutzutage geräteunabhängig heißt.
Ein ohrenbetäubender Lärm von hunderten mehr oder weniger synchron
auf unschuldige Kunststoffquader einschlagende Fingerkuppen erfüllt
die Welt. Nach maximal 30 Minuten ist der Spuk urplötzlich vorbei.
Das Echo des Schlusspfiffes vermischt sich mit dem Nachhall der letzten
Anschläge, die langsam aus dem akustischen Wahrnehmungshorizont entweichen.
Was müssen das noch für Zeiten gewesen sein, in denen gute alte
mechanische Maschinen ihren Dienst versahen; ein Eindruck, den man sich
bei den letzten Weltmeisterschaften durchaus noch machen konnte, schrieben
doch einige Teilnehmer aus weiter entfernten Gegenden noch mit diesen Geräten
und waren darauf erschreckend schnell unterwegs.Interessanterweise spricht man bei den Wettbewerben im Tastschreiben
auch von der speziellen Disziplin der Abschreibprobe - als ob wir nach
mehr oder weniger vielen mehr oder weniger erfolgreichen Jahren in diversen
Bildungseinrichtungen nicht schon genug Erfahrung mit dem Abschreiben gesammelt
hätten, um es jetzt hier auch ohne Proben hinzubekommen. Die Bezeichnung
ist dennoch treffend, passiert doch nach dem Startpfiff im Wesentlichen
Rezitatives, nämlich die Übertragung von einseitig gedrucktem
Text mit Absätzen und Zählung der Anschläge, sprich der
Zeichen, in einseitig bedruckten Text ohne Absätze und ohne Zählung.
Mithin scheint es also einmal nicht so wichtig zu sein, was hinten herauskommt,
sondern vielmehr ist der Vergleich mit dem, was vorne hereinkam von Interesse. Zwar sind die Übergangszeiten fast vorbei, in denen die wenigen
Zeitgenossen, die noch mit der Maschine schrieben, gegenüber den PClern
von Vornherein ins Hintertreffen zu geraten schienen, was z. B. die Geschwindigkeit
beim Korrigieren oder das Zeilen- und Seitenwechseln betrifft - manch einer
denkt aber bei den Tücken der modernen Software-Produkte doch ab und
an verklärt an alte Zeiten zurück, dann nämlich, wenn das
Programm abstürzt und der Text dann doch nicht gespeichert wurde oder
das Druckergebnis anders aussieht, als gedacht und erlaubt. Eines ist jedoch nach wie vor so spannend wie damals: der direkte Vergleich
mit den anderen Teilnehmern. Zwar sollte man hochkonzentriert und von der
Umgebung nichts wahrnehmend ?sein Rennen laufen? wie es in der Leichtathletik
so schön heißt. Ein gewisser Motivationsschub (oder der totale
Frustrationshammer) ist es allerdings dann doch, aus dem Augenwinkel heraus
zu beobachten, wie der Vordermann bereits die nächste Seite der Vorlage
wegreisst und diese theatralisch zu Boden flattert, während man selbst
noch mit dem vorletzten Absatz beschäftigt ist. Auch beim Tastschreiben gilt wie bei den Steno-grafie-Wettbewerben die
Maxime: möglichst weit mit möglichst wenigen Fehlern. Die Tatsache,
dass dabei teilweise über 800 Anschläge pro Minute erreicht werden
können - und dies über 30 Minuten hinweg - sollte bei mangelnder
Vorstellungskraft oder rechnerischen Fähigkeiten dringend einmal durch
einen visuellen Eindruck untermauert werden. Die Finger sind dabei kaum
noch zu erkennen, wir reden hier schließlich von mehr als 13 Anschlägen
pro Sekunde. Aber auch niedrigere Geschwindigkeit im Zehnfinger-System sind noch
recht beeindruckend und deutlich schneller als das Zweifinger-Suchsystem,
insbesondere, wenn es wie oben darum geht, ohne auf die Tastatur zu schauen,
einen Text in die Maschine zu bringen. Und falls dieser Vergleich den zweifingrigen
Zeitgenossen nicht bereits zur Motivation reicht: Für erreichte Leistungen
gibt es bei den Wettkämpfen neben Urkunden des öfteren auch Pokal-,
Medaillen- und in sonstige Form gepresste Edelmetall-Ehren. Darüber
hinaus tragen unter Umständen sog. Leistungsabzeichen zu weiteren
Trainingseinheiten bei. Nach dem bronzenen und silbernen Ansteckteil gibt
es für eine Leis-tung von für jede Sekretärin sehr respektablen
360 Anschlägen pro Minute das goldene Leistungsabzeichen und die Gewissheit,
es auch in der Klasse der Meister schaffen zu können - beim nächsten
Wettschreiben, das bestimmt kommt.
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Textbearbeitung und -gestaltung (oder wie man sich aus dem X ein U (vor-)macht)
Neben den ausgesprochen traditionellen und traditionsreichen Vergleichsmöglichkeiten
Kurzschrift und Tastschreiben wird seit einigen Jahren eine eher progressive
Wettbewerbsform praktiziert, die den Entwicklungen der Zeit Rechnung trägt.
Eine Entwicklung ist dabei sicherlich, dass durch den Computer nicht das
papierlose Büro, sondern eher das Büro der wiederholt verbesserten
und korrigierten Briefe und sonstiger Schriftstücke erreicht wurde.
Es handelt sich bei dieser Disziplin um das PC- oder Computerschreiben.
Ziel des Wettbewerbes ist es, aus einem Text einen anderen zu machen -
in Maßen und nur zu seinem Besten versteht sich. Nachdem wie beim
Tastschreiben hier in der Regel zehn Minuten lang ein Text ab- und damit
(hier notwendigerweise) in den Computer geschrieben wurde, geht es danach
darum, einen weiteren - auf Diskette gelieferten Text nach einer Vorlage
abzuändern - ein betriebsökonomisch ziemlich fragwürdiges
Prozedere, aber was tut man nicht alles für sein Hobby.Dieser zweite Teil des Wettbewerbes trägt den wunderschönen
Namen "Textbearbeitung und -gestaltung", womit allerdings nicht das Liften des Textverfassers
gemeint ist. Vielmehr soll damit die oben genannte Hypothese des papiervollen
Büros untermauert werden, dass ein Schriftstück erst dann perfekt
ist, wenn mindestens zehnmal zwei Absätze vertauscht, zentriert, mehrzeilig,
eingerückt oder vergrößert, 17+4 Wörter unterstrichen,
umrahmt, eingefügt, gefärbt, gelöscht oder vertauscht und
22 Sätze umgestellt oder eingefügt und ... wurden. Man glaubt
ja gar nicht, was sich an zehn Minuten Text so alles korrigieren lässt.
Hier zeigt sich nun die Stunde der Tastenkönige, die gnadenlos
über die zu Mausfetischisten degenerierten Anhänger grafischer
Programmoberflächen herrschen. Zwar kommen letztere auch zum Ziel
und irgendwo gibt es für jeden Befehl auch ein schönes buntes
Bildchen zum Anklicken - aber das dauert. Die wahren Profis denken bei
?Wort kopieren? nicht daran mit der Maus emsig auf dem Bildschirm herumzufahren
- eher schon an die Kombination Control-Shift-rechter Cursor gefolgt von
Control-C. Was ich damit sagen möchte ist: Es gibt hier echte Profis,
die auf ihr Textverarbeitungsprogramm schwören, da sie dessen Befehle
in- und auswendig kennen und sogar neue dazu definiert haben, an die der
Hersteller nie gedacht hatte (man spricht dabei von Makros). Hier ist dann
häufig die Erfahrung Trumpf. Wenn zum wiederholten Male in Wettschreiben
die gleichen Änderungen unendlich viel Zeit kosten, so sollte man
einmal über ein neues Makro philosophieren, was einem diese komplexe
Änderung mit einem Knopfdruck erledigt - schön wäre dabei
eines, das dem Schreiber dann im Wettkampf auch wieder einfällt. Ähnlich wie beim Tastschreiben ist faszinierend, den Meistern bei
der Arbeit zuzuschauen. Wie von Geisterhand flitzt der Cursor auf dem Bildschirm
umher, wird eine Korrektur nach der anderen abgearbeitet, der Text Stück
für Stück verändert. Es ist leicht dabei zu vergessen, dass
hier kein Computerprogramm abläuft, sondern dies in Echtzeit und durch
Menschenhand geschieht. Um die textuelle Darstellungs- und Vorstellungskraft
durch rechnerische Vergleichsdimensionen zu ergänzen sei an dieser
Stelle darauf hingewiesen, dass in der (allerdings derzeit einsamen) Spitze
in zehn Minuten bis zu 230 Korrekturen durchgeführt werden können,
mithin entspricht dies - Sie können mir folgen - einer Korrektur alle
zweieinhalb Sekunden, darin sind enthalten: nächste Korrektur in der
Vorlage finden, Korrekturzeichen verstehen, entsprechende Stelle auf dem
Bildschirm finden, Cursor an diese Stelle bewegen, entsprechenden Bereich
markieren, sich an das richtige Makro erinnern, Änderung durchführen
- eigentlich auch nicht schlecht, oder? Um den Frustfaktor zu erhöhen, wurde er bei den Wettbewerben auf
drei Stufen ausgebaut: zwischen dem direkten Erstgefühl (während
und direkt nach dem Schreiben) und der Gewissheit bei den Siegerehrungen,
dass es doch wieder einmal mehr Fehler waren als vorgenommen, hat sich
die Schreiberschaft in Selbstgeißelung noch eine weitere einfallen
lassen, das Korrekturlesen. Dieses funktioniert als eine Mischung aus Solidar-
und Verursacherprinzip: Wer eine Arbeit abgegeben hat, muss auch eine auf
Fehler Korrekturlesen und damit für die endgültige Wertung etwas
Arbeit abnehmen. Sinnvollerweise sollte dies nicht die eigene Arbeit sein
(?und führe uns nicht in Versuchung?). Nachdem also alle den Leseraum
gefunden, die Arbeiten verteilt wurden und jeder seinen Rotstift gezückt
bzw. es auch gestandene Schreiber wieder einmal geschafft haben, keinen
dabei zu haben (vielleicht einfach eine Denkblockade ausgelöst durch
die Furcht vor dieser Farbe?), geht es los und kann je nach Qualität
des Vorlesenden (wie bei den Kurzschriftansagen ist sie hier fast wichtiger
als die der Schreiber) sehr langsam bis recht flott vonstatten gehen. Unterbrochen
wird der Redefluss insbesondere beim Stenografiewettbewerb durch wiederholtes
Aufstöhnen, wenn die korrekte Textstelle so gar nichts mit der sicherlich
phantasievoll aber falsch gestopften Lücke der zu korrigierenden Arbeit
zu tun hat und durch den Ursprungstext ersetzt werden muss (aber wozu können
wir schließlich Steno?). Schließlich ist aber auch diese letzte Hürde (nach manchmal
zweieinhalb Stunden) genommen und der Siegerehrung kann gelassen entgegengesehen
werden. Und natürlich führt der oben beschriebene Frustfaktor
nur in seltenen Fällen wirklich zu ernsthaften Demotivationsschüben
und wird durch die deutlich zahlreicheren Erfolgserlebnisse mehr als ausgeglichen. Auf etwas, was bei allen Disziplinen angeboten wird und wofür es
sogar eigene Meisterschaften gibt, soll hier zum Schluss auch noch eingegangen
werden: der Mannschaftswettbewerb. Dabei sollte man sich nicht der durchaus
originellen Vorstellung hingeben, dass nach drei Minuten der Bleistift
an den nächsten Stenografen übergeben oder die Textdatei per
e-Mail an den Nachbarn zur Weiterverarbeitung verschickt wird. Es handelt
sich schlicht um das Zusammenzählen der einzelnen Ergebnisse. Üblich
ist dabei die 5:4:3-Regel: maximal fünf Teilnehmer pro Mannschaft,
die besten vier Ergebnisse werden gewertet und drei Personen sollten bestanden
haben. In unserer angeblich immer stärker von sozialer Kälte
und gegenseitigem Konkurrenzdenken geprägten Gesellschaft sollte daher
an dieser Stelle die durchaus löbliche Motivationskomponente ?ich
quäle mich nicht für mich, sondern für mein Team? des Mannschaftswettbewerbes
hervorgehoben werden.
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Praxisorientierte
Textverarbeitung Wie
der Name schon sagt ...
Die Praxisorientierte
Textverarbeitung (POTV) ist ein relativ junger Wettbewerb, der genauso wie die
„Textbearbeitung und -gestaltung“ am Computer ausgetragen wird - die Schreibmaschine
als Werkzeug genügt auch hier nicht mehr. Kurz gesagt geht es in der POTV um
die DIN-korrekte und rationelle Dokumentenbearbeitung, insbesondere von
Geschäftsbriefen.
In der 10-minütigen Textbearbeitung
("Autorenkorrektur") werden in einem fortlaufenden Text (z. B. einem Zeitschriftenartikel) bestimmte
Formatierungen vorgenommen, z. B. Fettschrift, Schriftartänderungen, Textumstellungen,
Wortersetzungen/-löschungen, Absatzausrichtungen oder Nummerierungen. Dabei
beschreibt die Arbeitsaufgabe sehr präzise das WAS und WO.Die (zweiteilige)
Arbeitsaufgabe der POTV ist dagegen häufig deutlich weniger konkret. Wird in
der TBG noch durch Korrekturzeichen „unmissverständlich“ angezeigt, dass das
Wort X zu unterstreichen ist, heißt es in der POTV häufig z. B. nur noch: „Der
Briefvordruck ist normgerecht zu gestalten“ oder „Gestalten Sie den Brieftext
nach DIN 5008“. WIE das geht, muss der Wettschreiber dann selber wissen. Aber
immer mit der Ruhe: Hilfsmittel sind erlaubt! Die DIN 5008 darf während der
Bearbeitung benutzt werden. Je länger man aber sucht und blättert desto weniger
Zeit bleibt einem zum Ausführen der Bearbeitungen. Ein anderes Problem ist auch
das WO der Arbeit: Bei einem zwei- oder dreiseitigen Brief, der bearbeitet
werden soll, kommt es auch schon mal vor, dass man drei Daten korrekt gliedert,
aber das vierte Datum übersieht, weil die ersten Daten zusammen in einer
Aufzählung standen, das letzte aber „allein“ in einem Fließtext eine
dreiviertel Seite weiter unten. Man muss die Arbeit also erst einmal „finden“.
Dafür gibt es aber auch
einfache Arbeitsanweisungen, wie z. B. „Der Brief hat einen Seitenrand von
links 2,41 cm und rechts 0,82 cm …“. Dann muss man „nur“ wissen, WIE das
gemacht wird. Ein weiteres Erschwernis ist,
dass sich die anzuwendenden DIN-Regelungen alle Jahre wieder ändern. Dies hat
beispielsweise dazu geführt, dass sich z. B. die Gliederung von Telefonnummern oder
Datumsangaben in den paar Jahren mehrfach geändert hat. Das WIE der Bearbeitung soll
in den kommenden Artikelteilen anhand der häufigen Aufgabenstellungen und
bekannter „Stolperstellen“ erläutert. Nachfolgend jedoch noch einige Anmerkungen
zum Ablauf des Wettbewerbs (die Details kann man der Wettschreibordnung des
Deutschen Stenografenbundes entnehmen: www.stenografenbund.de à Wettschreiben à Wettschreibordnungen à Praxisorientierte Textverarbeitung).
Für die Bearbeitung der
Teilaufgaben 1 „Layout“ (Gestaltung des (Brief-) Dokumentes) und 2
„Automatisierte Korrespondenz“ (Bearbeitung von Datenquellen und Erstellung von
Serienbriefen) stehen insgesamt 30 Minuten zur Verfügung (Die
Wettschreibordnung des Deutschen Stenografenbundes sieht zwar auch Leistungsklassen mit
Bearbeitungszeiten von 40 bzw. 50 Minuten vor, diese wurden nach Kenntnis des
Autors jedoch bislang noch nicht angeboten). Eine üblicherweise zweiseitige
Arbeitsaufgabe erläutert in knappen Worten, was zu tun ist. Hinter jedem
Arbeitsschritt stehen die dabei maximal erreichbaren Punkte. Zusätzlich werden
auf einem Datenträger (in der Regel eine Diskette) mehrere Dateien zur
Verfügung gestellt, die zu bearbeiten bzw. verwenden sind, z. B. Briefmasken,
Texte, Bilder oder Tabellen.
Die Arbeitswerkzeuge des
Wettschreibers sind immer ein Textbearbeitungsprogramm und ein eigener (!)
Drucker (s/w- oder Farbdrucker ist in der Regel egal). Häufig wird auch ein
Tabellenkalkulationsprogramm benötigt. Microsoft Word und Excel (oder
vergleichbare Anwendungen) müssen/sollten daher vorhanden sein - und auch
beherrscht werden! Während des Wettbewerbs werden die Dateien in
verschiedenster Art und Weise bearbeitet - dazu mehr im nächsten Teil.
Bestimmte Zwischenstände der Bearbeitungen sind zu speichern und auszudrucken.
Ein erstes Korrekturlesen erfolgt in der Regel nicht, das erledigt der
jeweilige Wettschreibleiter mit einigen ausgewählten Helfern.
Auch wenn 30 Minuten
Bearbeitungszeit zunächst nach viel Zeit klingt: Die Aufgaben sind
üblicherweise so gestaltet, dass sie in dieser Zeit nicht vollständig zu
schaffen sind! Also sollte man sich beim Bearbeiten schnell drüber klar werden,
ob man die gestellte Aufgabe (in sinnvoller Zeit) erledigen kann. Insbesondere
Nutzer älterer Word-Versionen haben häufig Probleme, bestimmte Aufgaben zu
erledigen, da benötigte Formatierungen nicht oder nur auf Umwegen verfügbar
sind. Generell empfiehlt es sich Microsoft Office- XP oder 200x zu nutzen.
Office 97 geht zwar auch, hier ist aber - wie schon angedeutet. häufig „kreatives
Denken“ gefragt. Von Office 95 und früheren Versionen sollte man auf jeden Fall
die Finger lassen. Wenn man also partout nicht weiß (und sei es nur wegen dem
Wettbewerbsstress) wo eine bestimmte Formatierung zu finden ist, sollte sich
nicht lange mit dem Suchen aufhalten. Denn damit vergeudet man Zeit, in der man
schon andere Aufgaben hätte erledigen können.
Ambitionierte POTV’ler benutzen gern selbst
erstellte Makros und Schaltflächen, um bestimmte Arbeiten schneller zu
erledigen. Die Benutzung von Makros etc. ist natürlich erlaubt und wird
teilweise sogar erwartet, ist jedoch nicht zwingend vorgeschrieben. Da das
Thema „Makros und Schaltflächen“ den Umfang dieses Kapitels sprengen würde,
wird es zu einem späteren Zeitpunkt behandelt.
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